Letztes Jahr brachte Nintendo mit der Switch das wohl mutigste Konsolenexperiment seit einigen Jahren auf den Markt. Ein Risiko, auf Mobilität statt auf Leistung zu setzen, aber es gelang.

Im Januar 2018 wurde bekannt, dass das japanische Unternehmen eine neue Ankündigung parat halten würde. Die Spannung stieg. Ein Teaser kündigte an, dass es etwas für Kinder oder Erwachsene wäre, die sich ihr inneres Kind erhalten hätten.

Was dann enthüllt wurde, irritierte die meisten Beobachter.

Klavier, Angel und Roboteranzug, mit der Möglichkeit diese Dinge zusammen mit der Switch für Videospiele zu nutzen. Der Haken? Alle Produkte sind aus Pappe. Und müssen erstmal zusammengebastelt werden, bevor sie benutzt werden können. Diese neue Produktreihe heißt Labo und man darf sich fragen, was Nintendo sich dabei gedacht hat.
Das fragten sich auch die Journalisten, für sie kam die Ankündigung so unerwartet, dass eine Redaktion ihren Papiermüll durchsuchen musste, weil sie die Prototypen nicht erkannt und weggeschmissen hatte.

Bevor man denkt, dass bei der Produktentwicklung jemand geschlafen hat, hilft ein Blick auf die aktuelle Berichterstattung über Kinder im digitalen Raum, um Nintendos Ansatz zu verstehen. Mitte Januar ließ Tim Cook verlauten, dass er seinem Neffen verbieten würde, soziale Netzwerke wie Facebook zu nutzen. Diesem Statement folgte eine Erinnerung des Netzes daran, dass Steve Jobs seinen Kindern auch nicht erlaubte, ein iPad zu benutzen. Nur wenig später appellierte eine breite Masse an Organisationen und Individuen an Facebook, seinen „Messenger Kids“ einzustellen, dessen Zielgruppe Sechs- bis Zwölfjährige sind.

Mit dem Labo Konzept bietet Nintendo jetzt einen interessanten Spagat an. Auf der einen Seite ist da die digitale (kritisierte) Unterhaltung, auf der anderen Seite aber auch das (willkommene) kreative, analoge Spiel mit den Bauteilen. Bevor der Roboter gesteuert und die Angel eingeholt werden kann, müssen sie, ähnlich wie bei Lego, zusammengebaut werden. Und dann kommt auch noch die Kreativität ins Spiel, die Nintendo mit den Produkten aus Pappe anfachen will. Individualisierung durch Farbe und Sticker wird ausdrücklich erwünscht. Hier bietet sich für Eltern, die digitale Unterhaltung für ihre Kinder ablehnen, ein Kompromiss an den andere Digitalunterhalter noch gar nicht denken.

Ähnliche Ansätze der Verbindung beider Welten finden wir bei Produkten wie Lego Mindstorms oder dem Spiel Bloxels. Hier baut man analog mit bunten Klötzchen Welten und Abenteurer, die dann per App zu einem Videospiel werden.

Zusammenfassung: Der Wind in der Spielebranche kommt von vorn, zumindest, wenn es um die Zielgruppe Kinder geht. Die leiden nach Auffassung vieler Eltern schon an Bildschirmsucht, FOMO (Fear of missing out = Angst, etwas zu verpassen) und geringer Aufmerksamkeitsspannen. Aus dieser Not macht Nintendo mit Labo ein neues Geschäftsmodell: Digital trifft analog. Schere, Filsstift und Kleber müssen her, dann erst wird ein Spiel draus. In diesem Spiel gewinnen endlich alle: Kinder, Erziehungsberechtigte und der Hersteller. Mal sehen, ob das gut geht.

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