HONGKONG // RELEVANCE+++

Es ist ein Traum mit vielen Enttäuschungen. Wir haben tatsächlich jahrelang gehofft, einmal ein Project Ara Phone in der Hand halten zu dürfen. Im September hat Google dann offiziell das Aus dieses auf- und absteigenden Projektes verkündet und wir mussten uns mit der Idee anfreunden, dass es vielleicht nie so weit kommen wird. Aber ist das wirklich so?

Der modulare Smartphone Gedanke geht auf die Idee zurück, nicht bei jeder Geräte-Iteration ein komplett neues Modell kaufen zu müssen, sondern die einzelnen Bestandteile nach belieben und Bedürfnissen austauschen zu können. Aktuell muss man bei jedem Smartphone, auch abseits des OS, Kompromisse eingehen, mit einem Modularen könnte man einfach den spezifischen Makel durch ein Modul austauschen. Das war jedenfalls der Ansatz von Phonebloks, dem Startup, das später von Google gekauft und in Ara umgetauft wurde. Mehrere Bildschirme in verschiedenen Größen hätten die Basis geboten, auf der Rückseite durch heiße Zusatz-Teile ergänzt zu werden: Einfache oder bessere Kameras, Low-/Highend Lautsprecher, physische Eingabemöglichkeiten mit Tasten (!) etc.. Der Vorstellung waren keine Grenzen gesetzt.

Aber während Ara nie das Licht der Welt gesehen hat, haben auch einige große Unternehmen wenigstens ansatzweise modulare Telefone gepusht und damit gezeigt, welche Probleme sich nach Launch auftun.

Das LG G5 ist dafür das perfekte Beispiel. Als Underdog neben Samsung und Apple hatte sich LG mit dem G4 bereits einiges Lob der Fachpresse eingeholt und die Konsumenten waren ebenso begeistert. Darauf baute man auf und zeigte das G5. Bereits gut technisch ausgestattet, wurde das LG-Friends Konzept vorgestellt, bei dem in Kooperation mit Partnern Module gebaut wurden, die jeweils nur alleine, an der Unterseite des Smartphones angebracht wurden. Darunter waren eine 360° Kamera, eine VR Brille, ein Modul um die Kamera mit einem haptischen Button auszulösen, Lautsprecher in Koop mit B&O und Kopfhörer.

Musik hören ist eine der Kernfunktionalitäten von Smartphones, weswegen Lautsprecher und Kopfhörer wohl gar nicht so richtig auffielen. Woran man sich aufhängte, waren die wirklichen „Gamechanger“, allen voran VR Brille und 360° Kamera. Denn da musste sich LG auf einmal nicht mehr mit anderen Smartphone Herstellern messen, sondern mit den Standalone Geräten. Oculus Rift CV1 war gerade erst auf den Markt gekommen und stellte die dürftige Brille von LG locker in den Schatten. Also auch ein Flop. (Wir haben ein Video zum LG G5 verlinkt, Achtung, ziemlich anstrengend, weil auf „hip“ getrimmt.)

Und diese Problematik, sich abseits der Kernfunktionalitäten mit den Platzhirschen in anderen Kategorien messen zu müssen, hätte auch Ara bevor gestanden. Dabei vergessen Kritiker und Kunde oft, dass es sich um Addons handeln soll und nicht eine Ansammlung von Referenz-Premium Modulen.

Auch die Hersteller sind nicht unschuldig am Dilemma der Modularität. Gerade heizt Lenovo mit seinen Moto Mods wieder die Stimmung um die Modularität an, liefert aber nur Mittelmaß für anspruchsvolle Preise. Ein Beamer auf der Rückseite des Handys klingt erstmal grandios, aber ein 350€ Preis, eine Akkulaufzeit von weniger als 1 Stunde und eine Auflösung, die unter 720p liegt, dämpfen die Vorfreude ziemlich.

Learning: Das modulare Smartphone muss scheitern. Denn der Kunde versteht etwas anderes unter Modularität als die Hersteller. Er erwartet, dass das Smartphone zur Schnittstelle für diverse Top-Produkte wird, die er vorher nur als Standalone wahrgenommen hat. Und diese Produkte sollen dann aber bitte so performen wie es die eigenständigen auch getan haben, also Top Kamera, Top Sound, Top VR. Blöd nur, dass es bei einem modularen System Kompromisse geben muss, sonst wäre die eierlegende Wollmilchsau einfach unbezahlbar. Tja, war wohl noch nix.

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