Der Begriff Peer-to-Peer (P2P) kommt aus der Informatik und bezeichnet Netzwerke, in denen in der klassischen Definition alle Teilnehmer gleichberechtigt sind. Wenn ein Teilnehmer Dienste oder Informationen hat, die ein anderer Teilnehmer in Anspruch nehmen will, werden sie geteilt. Während P2P früher in erster Linie im Bezug auf Dateitauschbörsen bekannt war, ist die Definition heute aufgeweicht. Airbnb, UBER, selbst ebay können als P2P Plattform bezeichnet werden.

Wie groß die Bandbreite an P2P Plattformen ist, zeigt sich an folgender Gegenüberstellung. Airbnb in seiner „Reinform“, also als Inseratsplattform für private Unterkünfte an private Mieter, fällt genau so unter diesen Begriff wie die Plattform Macondo Club. Da in Venezuela aufgrund politischer Unruhen der Zugang zu Literatur schwierig geworden ist, bietet Macondo Club Einwohnern die Möglichkeit, ein Buchinserat auf der Plattform aufzugeben. Reisende, die Venezuela ansteuern, können die Inserate sehen, die gewünschten Bücher außerhalb des Landes besorgen und dann bei Ankunft den Suchenden übergeben. Beide Plattformen erfüllen die klassischen P2P Kriterien: Alle Teilnehmer sind gleichberechtigt und wenn einer Dienste oder Informationen hat, die ein anderer braucht, kann getauscht werden. Die Stärke von P2P liegt darin, dass das Verbinden von zwei gleichberechtigen Konsumenten sie unabhängiger von der klassischen Wirtschaft und ihren Regularien macht.

Dabei wäre es verkehrt, alle P2P Plattformen direkt als altruistisch einzustufen. UBER und Airbnb sind zwar aus dem Gedanken entstanden günstigere Preise und sowohl Mieter wie Vermieter Vorteile zu bieten. Doch gerade bei Airbnb zeigte sich schnell, dass Nutzer durch den Gewinnmaximierungsgedanken für Wohnungsnot und steigende Mietpreise in dicht besiedelten Gegenden sorgten. Bei UBER werden die Spitzenzeiten für Regionen analysiert und die Preise entsprechend angehoben. Genauso verhält es sich mit Resell-Plattformen wie StockX. Die Plattform bietet an den Wert von Luxusbesitz konstant im Auge zu behalten. Seien es seltene Sneaker, Uhren oder diverse andere Kategorien die in den Bereich Streetfashion fallen. Der Wert wird durch die Nachfrage diktiert und die Plattform ermöglicht es Besitzern von Gegenständen mit potenziellen Käufern in Kontakt zu treten. Im Grunde wie ein Aktienmarkt mit materiellen Gütern. Hier steht sowohl von Verkäufer- wie auch von Plattformseite kein altruistischer Gedanke im Vordergrund. Stattdessen geht es darum, das eigene Portfolio zu pflegen, um damit einen erfolgreichen Eindruck nach außen zu vermitteln.

Doch natürlich gibt es auch die Seite, auf der die Gemeinschaft im Vordergrund steht. Plattformen wie Idle, auf denen man Werkzeug vermieten und mieten kann, um anderen Konsumenten den Neukauf zu sparen und das Werkzeug einem Zweck zuzuführen statt es nur rumliegen zu haben. Oder Green Power Exchange aus den USA, eine Plattform die es Privatanbietern erlaubt ihre überschüssige Solarenergie an andere Nutzer weiterzuverkaufen. In Zeiten wie diesen, wo sich Menschen von klassischen Lösungen, die Politik und Wirtschaft bieten, nicht mehr verstanden fühlen, bieten P2P Plattformen eine attraktive Alternative. Mit ihnen geht direkt ein sozialer Gedanke einher, denn man kauft oder leiht nicht von einem gesichtslosen Konzern, sondern einem Mitmenschen.

P2P wird durch die Vermischung der Trends Globalisierung und Konnektivität ermöglicht. Neue Technologien ermöglichen uns den Aufbau von Plattformen mit denen Nutzer verschiedenen Erdteilen, aber auch in verschiedenen Stadtteilen miteinander verbunden werden und diese Verbindung lückenlos halten können. Dass durch diese Plattformen auch neue Geld- und Arbeitsströme ermöglicht werden, trägt außerdem zum Megatrend New Work bei.

Unternehmen sollten genau im Auge behalten, wie sich die Popularität und Masse an P2P Plattformen entwickelt. Ähnlich wie der Trend zu Secondhand, sowohl bei Alltags-, wie auch bei Luxusgegenständen, kann auch P2P eine Möglichkeit für Unternehmen bieten, sich neu zu positionieren. Unternehmen sollten ausloten, ob sie nicht Angebote in ihrer Kernkompetenz haben, auf denen sie eine vermittelnde P2P Plattform aufbauen können, die ihre Kunden mit ihren Bedürfnissen und Angeboten zusammenbringt. Der Vorteil in einem eigenen P2P Netzwerk, wo das Unternehmen die vermittelnde Position einnimmt, würde auch darin liegen, dass man den Kunden nach Neukauf nicht direkt bis zum nächsten Neukauf verliert, sondern ihn konstant im eigenen Ökosystem einbinden kann.

Zusammenfassung: Peer-to-Peer Plattformen, auf denen Konsumenten mit Konsumenten in den Austausch von Angeboten und Dienstleistungen gehen, werden global größer und beliebter. Gerade auch, weil unter den Überschriften Purpose und Nachhaltigkeit viel Misstrauen gegenüber großen Unternehmen entsteht, ist ein Trend hin zu mehr Gemeinschaft und damit zu P2P Plattformen zu bemerken.
Unternehmen sollten diese Entwicklung aber nicht als verloren abtun, sondern eher als Chance erkennen, sich neu zu positionieren und vielleicht in die Vermittlerrolle zu wechseln, um mit dem Kunden auf Augenhöhe zu bleiben und ihn nicht zu verlieren.

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